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Roulette Lexikon
Marigny de Grilleau
(K.v.Haller's Roulette Lexikon,
S.228 bis 232)

In seinem Buch Der wissenschaftlich mögliche Gewinn auf den vielfachen
Chancen der Roulette stützt Marigny seine Berechnungen für
aussichtsreiche Angriffe gegen die Bank auf die angebliche Analogie
der vergleichbaren Ecarts. Davon ist auch im Artikel über das Gesetz
des Ecarts die Rede. Er hat dabei - genau wie sein Zeitgenosse Chateau
- die bestechende Logik der Chancenaufteilung und der uneingeschränkten
Konsequenz von Risiko und Gewinn im Roulett guten Glaubens auf die mathematischen
Wahrscheinlichkeiten des Ausbleibens der verschiedenen Chancen übertragen.
Mindestens zwei Generationen ernsthafter Systemforscher und risikobewußter
Roulette -Spieler haben diesen Ausführungen und Theorien mangels besseren
Wissens vertraut, ohne derartige Angaben mit exakten mathematischen Methoden
nachprüfen zu können. Deshalb schreibt Mark Forrester mit guten
Recht: Es ist unsere Überzeugung, daß ein Verständnis
für die Fragen und Probleme der Roulette -Forschung nicht mit den Mitteln
,banaler Denkweise erworben werden kann. Daß sich angeblich
fundierte mathematische Theorien über 50 Jahre lang unangefochten halten
konnten, liegt an der bekannten Tatsache, daß jeder seriöse
Mathematiker es für reine Zeit- und Papierverschwendung hielt,
ausführlichere wahrscheinlichkeitsmathematische Überlegungen für
oder über das Roulette anzustellen, noch gar diese mit statistischen
Erhebungen zu vergleichen.
Wir wollen an dieser Stelle nur nachprüfen, ob die Marigny zugeschriebene,
zumindest von ihm schon 1925 vertretene Theorie der vergleichbaren negativen
Ecarts auf der Basis der Einfachen Chancen unter Zugrundelegen des
50:50-Verhältnisses einfach abgeleitet werden kann. In seiner Einleitung
zu den Spielanweisungen auf viefachen Chancen in dem o.g. Werk wählt
Marigny einen Minus-Ecart vom 8maligen Ausbleiben einer Einfachen Chance
zur Grundlage füe einen aussichtsreichen Angriff gegen diesen
vergleichbaren Ecart auf den vielfachen Chancen. Er schreibt,
daß eine gleichgroße (negative) Abweichung auf den Dutzenden
bzw. den Kolonnen ein 12maliges Ausbleiben darstelle, weil 18 Nummern mal
8 und 12 Nummern mal 12 den gleichen Grundwert (Spannungswert)
von 144 ergeben würden.
Zwangsläufig sähe eine Ecart-Tabelle für einen
aussichtsreichen Angriff nach
entsprechender Ausgangsspannung dann wie folgt aus:
1 Dutzend bzw. Kolonne nach 12maligem Ausbleiben
1 Transversale simple nach 24maligem Ausbleiben
1 Transversale pleine nach 48maligem Ausbleiben
1 Carré nach 36maligem Ausbleiben
1 Cheval nach 72maligem Ausbleiben usw.
Einen Angriff auf eine einzelne Nummer hat er der großen
Unberechenbarkeit
wegen ausgeklammert.
Um zu überprüfen, ob die genannten Negativ-Ecarts wirklich analog
sind, müssen
wir nach Grundformel (2) vorgehen:
n
W = ( 37 - m )
37
wobei m = Chancengröße und n = Coupzahl bedeutet.
Danach ist die Wahrscheinlichkeit für das 8malige Ausbleiben irgend
einer Einfa-
chen Chance
8
W = ( 19 ) = 0,0048352 oder einmal in 207 Coups
der Fall
37
Dagegen gilt für das 12malige Ausbleiben irgendeiner Dutzend-Chance
12
W = ( 25 ) = 0,0090544 oder einmal in 110 Coups der Fall.
37
Schon diese Vergleichsrechnung beweist, daß Marignys Theorie nicht
stimmen kann.
Richtig wäre der Vergleich zum ca. 7maligen Ausbleiben einer Einfachen
Chance,
das etwa alle 106 Coups auftritt.
Bleiben wir jedoch bei Marignys vorgeschlagenem Dutzend-Ecart vom 12maligen
Ausbleiben:
Minus-Ecarts:
12 mal irgendein Dutzend/Kolonne alle 110 Coups
24 mal irgendeine Sechsertransversale alle 70 Coups
36 mal irgendein Carré alle 61,5 Coups
48 mal irgendeine Dreiertransversale alle 58 Coups
72 mal irgendein Cheval alle 55 Coups
Die der Wahrscheinlichkeitsrechnung exakt entsprechende Tabelle lautet für
etwa
vergleichbare Ecarts wie folgt:
Minus-Ecarts:
12 mal irgendein Dutzend/Kolonne alle 110 Coups
26 mal irgendeine Sechsertransversale alle 100 Coups
40 mal irgendein Carré alle 98 Coups
55 mal irgendeine Dreiertransversale alle 100 Coups
84 mal irgendein Cheval alle 106 Coups
Selbst wenn man einwenden wollte, Marigny habe seine Rechnung ja
ausdrücklich
ohne Zero gemacht und entsprechend müßten wir Zero aus allen
Berechnungen
eleminieren, so sind innerhalb 72 Coups nur 2 Zeros wahrscheinlich, während
doch
die tatsächliche Differenz z.B. bei Cheval von 72 zu 84 = 12 Coups
beträgt.
Obwohl Marigny de Grilleau ein hervorragender Kenner der Roulettmaterie war
und jahrelang für die Spielbank von Monte Carlo Sachverständiger
und Berater ge
wesen sein soll, ist es kaum wahrscheinlich, daß er Gelehrter der
Mathematik war.
Westerburg schreibt:
Da Monte-Carlo selbst an dem Gutachten eines solchen Fachmannes höchst
interessiert war, beteiligte es sich an den nicht unerheblichen Kosten eines
Forschungsauftrages. Marigny de Grilleau wurde durch eine vom Staat
verfügte Sperre vom Spiel ausgeschlossen. Er sollte nicht in Versuchung
geführt werden und sich ganz seinem hochdotierten Auftrag widmen. Nach
Abschluß seiner jahrelangen Arbeiten veröffentlichte er sein
wegweisendes Werk Le Gain Scientifique dune seule Unité.
Das Werk von Marigny de Grilleau ist naturgemäß sehr umfangreich
(396 Seiten im Lexikonformat 19 x 29 cm) und dadurch beziehungsweise durch
den damit verbundenen hohen Ladenverkaufspreis viel zu wenig bekannt geworden,
besonders in Deutschland. Es wurde im übrigen auch erst in den 80er
Jahren übersetzt. Die im Jahre 1962 erschienene
verhältnismäßig kleine Auflage war bald vergriffen. Die wenigen
antiquarischen Exemplare, die zum Teil aus Nachlässen stammen, befinden
sich heute im Besitz des Verlages der Revue Ludographique de
Monte-Carlo.
Die Auftraggeber Marignys konnten nach Abschluß seiner alle
Möglichkeiten um-
fassenden Arbeiten wieder ruhig schlafen.Es hatte sich herausgestellt, daß
es für
den Spieler nur eine ganz geringe Chance gibt, beim Roulette auf Dauer zu
gewinnen. Man hatte sogar nichts dagegen, daß Marigny mit seinem Buch
diese
Möglichkeit aufzeigt, denn kaum jemand würde sie nutzen oder zu
nutzen verste-
hen, weil die Durchführung sehr große Anforderungen an den Spieler
stellt und den meisten zu mühsam erscheint.
Leider hat der französische Staat bis heute recht behalten. Nur in den
Casinos der Côte d Azur findet man vereinzelt Spieler, die heute
noch nach Marigny spielen... und gewinnen.
Seine Ratschläge sollen nachfolgend kurz zitiert werden:
1. Man spiele möglichst nur Einfache Chancen. (Möchte man auch
die Mehrfa-
chen Chancen - also Dutzende, Kolonnen, Transversalen usw. - in sein Spiel
einbeziehen, so sollte dies nur geschehen, wenn sich außergewöhnliche
Situa-
tionen zeigen.)
2. Man setze immer nur masse egale, also während einer Sitzung
bzw. eines
bestimmten Zeitraumes immer nur ein Stück derselben GRöße.
3. Man rechne grundsätzlich nur in Stück und nicht
in Geldwert. Der Bank in
jeder Sitzung ein Stück abnehmen (durchschnittlich gesehen) ist durchaus
möglich. Das Stück muß nur genug sein, damit der Gewinn
interessant ist.
4. Man unterlasse unter allen Umständen den Unfug jeglicher
Progression (wie
es Marigny wörtlich ausdrückt)!
5. Um im Laufe der Zeit die Stückgröße zu steigern und als
Endziel mit Maxi-
mum zu setzen, nehme man nicht das eigene Geld, sondern nur das vorher
gewonnene Geld in Form einer Kapitalisation.
6. Man begnüge sich unter allen Umständen mit dem Gewinn eines
Stückes pro
Tag beziehumgsweise pro Sitzung (d´ une seule unité = einer Einheit).
7. Man warte mit dem Satz so lange, bis dies eine entsprechende Annonce vor-
schreibt. Dann besteht allerdings Satzzwang. Also keine Sätze
nach Intuition,
kein Zocken !
8. Man spiele grundsätzlich nur nach Figuren, also nach der Zusammenfassung
mehrerer Coups zu einer Figur oder zu Figurengruppen.
9. Man laufe einem verlorenen Satz nicht durch Nachsetzen hinterher. Es wird
also aufgrund einer Annonce nur einmal gesetzt. Kommt die Figur nicht, sondern
die feindliche, die Gegenfigur, so besteht die Möglichkeit, daß
sich an dieser Stelle ein Phänomen bildet, daß also immer wieder
die Gegenfigur kommt, die mehrere Verlustsätze hintereinander bringen
würde. Gewinnt der getätigte Satz, so wird Einsatz und Gewinn
abgezogen: Es wird also kein Paroli geboten !
10. Die Annonce für einen zu tätigenden Satz nimmt Marigny de Grilleau
grund-
sätzlich aus einer sehr hohen Spannung, nach der ein Ausgleich
kommen müßte.
Die Spannung wird mittels der Quadratwurzel errechnet (mindestens 3, besser
3,2 bis 3,5). Er gebraucht den Vergleich mit einem Barometer. Immer wenn
ein
Barometer extrem tief gefallen oder extrem hoch gestiegen ist, muß
es wieder
zurückgehen. Wie weit es dann zurückgeht, spielt dabei keine Rolle,
denn es
wird nur einmal gesetzt, nämlich an dem Punkt, der mit der
größten Wahrschein-
lichkeit der Wendepunkt sein müßte. An dieser Stelle empfiehlt
Marigny einen
Satz.
11. Man muß Geduld haben und abwarten können, bis die Spannung
zwischen zwei Figuren groß genug geworden ist und dann aller Voraussicht
nach der Ausgleich einsetzt. Marigny ist ein absoluter Verfechter für
das Spiel auf den Ausgleich.
12. Um bei diesem satzarmen Spiel zusätzliche Annoncen zu
erhalten, weist Ma
rigny auf die Möglichkeit der Vervielfältigung der
Ereignisse hin (La Multi-
plication des Evennements).
Siehe: Überprüfung der Klassiker, Mathematische
Überlegenheit
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